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Der alte Graf wurde etliche Monathe nach der Hochzeit aufgelöst und mit Wilhelm dem Eroberer vereinigt. Aber weder der Herr Sohn noch die Frau Schwiegertochter, empfinden es sonderlich, dafs der Tod seinen 80-jährigen Process endlich gegen den Alten gewonnen hat. Beym Wiedersehen finden wir sie ebenfalls in einem Processe begriffen, aber nicht mit dem Tode, sondern blofs ad interim ein wenig mit dessen Halbbruder, dem Schlafe. Beyde haben die vorige Nacht wenig oder gar nicht geschlafen. Sie im Hause nicht, und Er in einem andern auch nicht. Da für gähnt man am frühen Morgen noch,, die Wanduhr mag immer ein Uhr weisen oder was sie will; man reckt sich noch und man frühstückt noch. Ob das recht ist oder nicht, das geht der Bauern - Sonne nichts an. Verkehrt ist es freylich allemahl ein wenig. Hier ist aber nun der Geschmack einmahl so.

Der junge Herr, der aber, im Vorbeygehen zu sa« gen, seit seiner Verheurathung um eine ganze schwe re Campagne älter geworden ist, und sich, so eben von der Carosse abgeladen, hierher geworfen hat.

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ist das wahre Sinnbild der Erschlaffung nach der wil. destea Debauche aller Art. Nichts hält sich an ihm mehr durch innere Kraft. Der Haarbeutel ist fort, die Uhr und das Geld ist fort. Wo das Geld stack, da stecken, jetzt die leeren Hände, die es suchen und nicht finden, Und sein Blick? Auswärts bleibt er in der freyen Luft schweben; einwärts geht er an diesem häusli chen Morgen ungewöhnlich tief. Selbst durch den Nebel von Kopfweh, der um seine Stirne schwebt, sind doch die Spuren von tieferem Herzensweh nicht ganz zu verkennen. So geht es diesen Fischchen, wenn sie ein mahl ein allzu muthwilliger Sprung ein wenig zu weit aus ihrem Element wirft. Der Rausch, der bey seiner Ankunft und während seiner Fortschritte den Trinker über seinen gewöhnlichen Geistes- und Herzens-Zustand hinaus spannt, spannt ihn auch bey seiner Entweis chung unter diesen Zustand hinunter wieder ab, so, dafs er bey jeder Art von Gemüthsanlage auf dieser Leiter Tour gewöhnlich irgend ein Spröfschen findet, von wel chem aus er sein ganzes Wesen ohne viele Mühe übersehen kann. Der junge Herr scheint zu rechnen; nicht doch, nein! blofs schwer zu empfinden, was es werden würde, wenn er rechnen wollte. So viel von den Thaten des jungen Herrn in voriger Nacht, und nun ein Wort von den Thaten der jungen Dame.

Sie hatte in dem anstossenden herrlichen Ägyp tischen Saale die Nacht hindurch Spielgesellschaft und

Spiel mit Karten, jungen Herrn und dergleichen, ein wenig Thee, ein wenig Concert und ein wenig Tanz. Man hat lange und wild gespielt; die Lichter am Kronleuchter brennen tief und verbrennen, wie man sagt, das Tageslicht, obgleich der Tag ein Wintertag ist. Einer der Tische hat seine Karten auf die Erde geworfen, die Pandecten des Whistspiels, Hoyle on Whist *), wurden mit Fülsen getreten, und die Violinen stürzten sammt dem Stuhl, auf dem sie lagen, durch das Getümmel in dem unbeleuchteten Seiten gemach, zu Boden.

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Das blofs dämmernde Licht eines Steinkohlenfeu ers und das sehr entfernte des Kronleuchters ausgenomwar hier vorsetzlich keine besondere Erleuch tung. Nicht einmahl die beyden Lichter bey der Uhr haben gebrannt. Schön! Unangebrannte Lichter auf einem Wandleuchter hätten schon hinlänglich bezeugt, wie wenig man sich hier um Erleuchtung bekümmert habe; dafs es aber oben drein die Uhrlichter sind, bezeugt auch zugleich mit für die Zeit.

*) Hoyle über das Whistspiel. Dieses Buch hat sich in der englischen Litterär Geschichte merk→ würdig gemacht. Es wird in Miltons Leben angemerkt, dafs der Dichter für sein verlornes Paradies zehn Guincen, Hoyle für sein wiedergefu ndenes, aber zweyhundert von dem Verleger er halten habe.

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Wirklich kann aber auch die eigentliche Zeit für die Werke der Dämmerung sowohl, als der Finsternifs füglich ohne alle Uhr gefunden werden, oder will man sich ja ihrer dabey bedienen, so wird es wenigstens die seyn, da man weder Uhrzeiger noch Uhr sieht.

Die junge Dame ist sehr sehr müde. Sie beweiset dieses durch einige Manieren, in denen in der That nicht viel Adel ist, oder ist ja welcher darin, so ist er wenigstens sehr sehr neugebacken; sie reckt sich ein wenig oder droht, wie man in einigen Gegenden sagt, dem-Herrn Gemahl mit dem HörnerZeichen. Gesund ist sie gewils, vielleicht allzugesund. Selbst der schläfrige Blick ist nicht ohne Kraft und verräth, so wie ihr ganzer Körper, Überfluss an allem woran ihr armer Mann so grofsen Mangel leidet. Sie hat ein wenig auf dem Stuhle geschlafen und wird, wenn die Conversation zwischen ihr und dem Liebsten mit der Lebhaftigkeit fortgesetzt wird, mit welcher sie angefangen hat, vermuthlich bald wieder schlafen.

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Das Frühstück, das sie vor sich hat, ist, wie ès nach einer solchen Ehestands Nacht nicht anders möglich war, ein persönig, wind O wäre es doch die

Dame nur auch! Man vergäbe ihr vielleicht alsdann, bey einem solchen Manne, wohl noch eine Nacht, wie die vergangene. Allein bey Rockfalten, die gar

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nicht mehr so brechen wollen, wie an dem Hochzeit. Tage, und leider! wegen der Knospe zu Wilhelms des Eroberers Stammbaum, nicht mehr so brechen können; mit denen noch, bis an den frühen Morgen auf Karten, Violinen und Pandecten sich so herum zu tummeln, Madam, das war, so sehr es übrigens nach der Mode gewesen seyn mag, fürwahr nicht schön.

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Er, er hat so eben auch gefrühstückt. Es mufs erbärmlich geschmeckt haben, denn der alte Haushofmeister, der das Frühstück brachte, trägt es ganz ungenossen wieder weg. Es bestand aus einem Pack Rechnungen, die diesen Morgen berichtigt werden sollten. Es war 'freylich eine harte Kost, und doch sind das nur Semmelschnittchen gewesen gegen den Pumpernickel, den der Haushofmeister mit einer jammervollen Mie. ne unter dem Arm trägt, das Hausbuch (Ledger), an dem ist nicht einmahl gerochen worden!

Während dieses Frühstückes drohte den Schlum. mernden Gefahr. In dem Tempel der Hochgräflichen Bachantinn, wo, wie wir erinnert haben, die Lichter den Tag verbrennen, ergriff eines auf dem Spieltische, das mit seinem Pensum fertig geworden ist, die hohe Hinterseite einer zu nahen Stuhllehne. Sie brannte wirklich schon. Zum Glück aber wurde eine andere Stuhllehne, auf welcher ein Bedienter stehenden Fufses etwas geschlummert hatte, dies

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