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Die Blütezeit der deutschen Dichtung.

Friedrich Gottlieb Klopstock
(1724-1803).

(Geschichte der deutschen National-Literatur § 45 und 46.)

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Die Frühlingsfeier. 1759.

Nicht in den Ozean der Welten alle

will ich mich stürzen; schweben nicht,

wo die ersten Erschaffnen, die Jubelchöre der Söhne des Lichts,
anbeten, tief anbeten und in Entzückung vergehn!

Nur um den Tropfen am Eimer,

um die Erde nur will ich schweben und anbeten. Halleluja! Halleluja! Der Tropfen am Eimer rann aus der Hand des Allmächtigen auch.

Da der Hand des Allmächtigen

die größeren Erden entquollen,

die Ströme des Lichts rauschten und Siebengestirne wurden, da entrannest du, Tropfen, der Hand des Allmächtigen!

Da ein Strom des Lichts rauscht' und unsre Sonne wurde, ein Wogensturz sich stürzte wie vom Felsen

der Wolk' herab und den Orion gürtete,

da entrannest du, Tropfen, der Hand des Allmächtigen!

Wer sind die tausendmaltausend, wer die Myriaden alle, welche den Tropfen bewohnen und bewohnten? und wer bin ich? Halleluja dem Schaffenden! Mehr wie die Erden, die quollen! Mehr wie die Siebengestirne, die aus Strahlen zusammenströmten!

Aber du, Frühlingswürmchen,

das grünlichgolden neben mir spielt,

du lebst und bist vielleicht

ach, nicht unsterblich!

Ich bin herausgegangen anzubeten, und ich weine? Vergib, vergib auch die Träne dem Endlichen, o du, der sein wird!

Du wirst die 3weifel alle mir enthüllen, o du, der mich durch das dunkle Tal des Todes führen wird! Ich lerne dann, ob eine Seele das goldne Würmchen hatte.

Bist du nur gebildeter Staub, Sohn des Mais, so werde denn wieder verfliegender Staub, oder was sonst der Ewige will!

Ergeuß von neuem du, mein Auge, Freudentränen!

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Aber jetzt werden sie still, kaum atmen fie. Die Morgensonne wird schwül;

Wolken strömen herauf;

sichtbar ist, der kommt, der Ewige!

Nun schweben sie, rauschen sie, wirbeln die Winde! Wie beugt sich der Wald! wie hebt sich der Strom! Sichtbar, wie Du es Sterblichen sein kannst,

ja, das bist du, sichtbar, Unendlicher!

Der Wald neigt sich, der Strom fliehet, und ich falle nicht auf mein Angesicht?

Herr! Herr! Gott! barmherzig und gnädig!

Du Naher! erbarme dich meiner!

Zürnest Du, Herr,

weil Nacht Dein Gewand ist?

Diese Nacht ist Segen der Erde.

Vater, Du zürnest nicht!

Sie kommt, Erfrischung auszuschütten

über den stärkenden Halm,

über die herzerfreuende Traube,

Vater, Du zürnest nicht!

Alles ist still vor Dir, Du Naher! Ringsum ist alles still!

Auch das Würmchen, mit Golde bedeckt, merkt auf.

Ist es vielleicht nicht seelenlos? ist es unsterblich?

Ach, vermöcht' ich Dich, Herr, wie ich dürfte, zu preisen!

Immer herrlicher offenbarest Du Dich,

immer dunkler wird die Nacht um Dich

und voller von Segen!

Seht ihr den Zeugen des Nahen, den zückenden Strahl?

Hört ihr Jehovas Donner?

Hört ihr ihn? hört ihr ihn,

den erschütternden Donner des Herrn?

Herr! Herr! Gott!

barmherzig und gnädig! Angebetet, gepriesen

sei Dein herrlicher Name!

Und die Gewitterwinde? Sie tragen den Donner.

Wie sie rauschen! wie sie mit lauter Woge den Wald durchströmen! Und nun schweigen sie. Langsam wandelt

die schwarze Wolke.

Seht ihr den neuen Zeugen des Nahen, den fliegenden Strahl? Hört ihr hoch in der Wolke den Donner des Herrn?

Er ruft! Jehova! Jehova!"

Und der geschmetterte Wald dampft!

Aber nicht unsre Hütte!

Unser Vater gebot

seinem Verderber,

vor unsrer Hütte vorüberzugehn.

Ach schon rauscht, schon rauscht
Himmel und Erde vom gnädigen Regen!
Nun ist (wie dürftete sie!) die Erd' erquickt
und der Himmel der Segensfüll' entlastet.

Siehe, nun kommt Jehova nicht mehr im Wetter; in stillem, sanftem Säufeln

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Wenn einst ich tot bin, wenn mein Gebein zu Staub

ist eingesunken, wenn du, mein Auge, nun

lang über meines Lebens Schicksal,

brechend im Tode, nun ausgeweint hast

und still anbetend da, wo die Zukunft ist,

nicht mehr hinaufblickst, wenn mein ersungner Ruhm, die Frucht von meiner Jünglingsträne

und von der Liebe zu Dir, Messias,

nun auch verweht ist, oder von wenigen

in jene Welt hinübergerettet ward; wenn du alsdann auch, meine Fanny,

lange schon tot bist und deines Auges

stillheitres Lächeln und sein beseelter Blick auch ist erloschen; wenn du, vom Volke nicht bemerket, deines ganzen Lebens

edlere Taten nunmehr getan hast,

des Nachruhms werter als ein unsterblich Lied; ach! wenn du dann auch einen Beglückteren

als mich geliebt hast (laß den Stolz mir,

einen Beglückteren, doch nicht Edleren!):

Dann wird ein Tag sein, den werd' ich auferstehn! Dann wird ein Tag sein, den wirst du auferstehn! Dann trennt kein Schicksal mehr die Seelen,

die du einander, Natur, bestimmtest.

Dann wägt, die Wagschal' in der erhobnen Hand, Gott Glück und Tugend gegeneinander gleich; was in der Dinge Lauf jezt mißklingt, tönet in ewigen Harmonien!

Wenn dann du dastehst jugendlich auferweckt, dann eil' ich zu dir! säume nicht, bis mich erst ein Seraph bei der Rechten fasse

und mich, Unsterbliche, zu dir führe!

Dann soll dein Bruder, innig vor mir umarmt,

zu dir auch eilen! dann will ich tränenvoll,

voll froher Tränen jenes Lebens,

neben dir stehn, dich mit Namen nennen

und dich umarmen! Dann, o Unsterblichkeit,

gehörst du ganz uns! Kommt, die das Lied nicht fingt, kommt, unaussprechlich süße Freuden!

so unaussprechlich, als jegt mein Schmerz ist!

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Schön ist, Mutter Natur, deiner Erfindung Pracht
auf die Fluren verstreut, schöner ein froh Gesicht,
das den großen Gedanken

deiner Schöpfung noch einmal denkt.

Bon des schimmernden Sees Traubengestaden her, oder, flohest du schon wieder zum Himmel auf, komm in rötendem Strahle

auf dem Flügel der Abendluft,

komm und lehre mein Lied jugendlich heiter sein,
süße Freude, wie du, gleich dem beseelteren
schnellen Sauchzen des Jünglings,

sanft, der fühlenden Fanny gleich!

Schon lag hinter uns weit Uto, an dessen Fuß Zürich in ruhigem Tal freie Bewohner nährt; schon war manches Gebirge,

voll von Reben, vorbeigeflohn.

Jezt entwölkte sich fern silberner Alpen Höh', und der Jünglinge Herz schlug schon empfindender, schon verriet es beredter

sich der schönen Begleiterin.

"

Hallers Doris", die sang, selber des Liedes wert, Hirzels Daphne, den Kleist innig wie Gleimen liebt; und wir Jünglinge fangen

und empfanden wie Hagedorn.

Jezo nahm uns die Au in die beschattenden

kühlen Arme des Walds, welcher die Insel krönt;
da, da kamest du, Freude,

volles Maßes auf uns herab!

Göttin Freude, du selbst! dich, wir empfanden dich! Ja, du warest es selbst, Schwester der Menschlichkeit, deiner Unschuld Gespielin,

die sich über uns ganz ergoß.

Süß ist, fröhlicher Lenz, deiner Begeistrung Hauch, wenn die Flur dich gebiert, wenn sich dein Odem sanft in der Jünglinge Herzen

und die Herzen der Mädchen gießt.

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