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Vorwort zur 1. Auflage.

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Wiederholt ist an mich das Verlangen gestellt worden, im Anschlusse an meine Geschichte der deutschen National-Literatur" eine Auswahl deutscher Gedichte“ zu veranstalten. Längere Zeit glaubte ich Bedenken tragen zu müssen, diesem Wunsche zu entsprechen, da ich mir nicht verhehlte, daß bereits zahlreiche Anthologien und Gedichtsammlungen, darunter auch in ihrer Art vortreffliche ich nenne nur die weitverbreitete Echtermeyersche vorhanden seien. Wenn ich gleichwohl endlich die gewünschte Sammlung veranstaltet habe, so ist es geschehen, weil ich mich der Einsicht nicht verschließen konnte, daß eine Auswahl, die wie die vorliegende im Unterschiede von anderen sich an meine Geschichte der deutschen National-Literatur anschließt, den Freunden dieser die besten Dienste leisten und für die Behandlung des Gegenstandes höchst ersprießlich und fruchtbringend sein müsse.

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Dieser Zweck ist auch für die Anlage und den Charakter des Buches bestimmend gewesen. Es kam bei dieser Sammlung nicht wie z. B. bei der von Echtermeyer auf einen stufenmäßigen Fortgang vom Leichteren zum Schwereren an. Auch der dort erstrebte einheitliche Zusammenhang der einzelnen Stücke lag außerhalb meiner Absicht. Insbesondere lag es mir fern, historische Vollständigkeit“ zu erzielen und wo möglich dafür Sorge zu tragen, daß jede historische Persönlichkeit und jedes bedeutende historische Ereignis eine poetische Bertretung fände. Sammlungen, welche darauf großen Wert legen, haben eine gefährliche Klippe nicht vermeiden können und manches Gedicht nur um dieses seines historischen Inhaltes willen aufgenommen, so daß mancherlei saft- und kraftlose Produkte, bloße historische Reimereien neben Vortrefflichem Plaz gefunden haben.

Der Bestimmung des Buches entsprechend, konnten in die vorliegende Sammlung nur Dichter aufgenommen werden, die auch in der Literaturgeschichte eine Stelle gefunden haben, und da die Sammlung nur Ganzes und in sich Abgeschlossenes enthalten sollte, so mußten alle Bruchstücke aus dem Gebiete des Epos, des Dramas, sowie der Prosa ausgeschlossen werden. Wenn dennoch Abschnitte aus Rückerts Weisheit des Brahmanen usw. aufgenommen worden find, so bedarf dies kaum einer Rechtfertigung. Diese Stellen sind in sich abgerundet und gleichen Perlen, die leicht losgelöst werden konnten, also für sich ein Ganzes bilden, so daß deren Aufnahme nicht dem sonst befolgten Prinzip widerstreitet.

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Indem die Auswahl" nur kräftige und gesunde Nahrung für Geist und Gemüt zu bieten sucht, will sie wenigstens teilweise dazu beitragen, daß Goethes Wort sich erfülle, man solle keinen Tag verstreichen lassen, ohne ein schönes Bild zu sehen, eine schöne Musik zu hören und ein schönes Gedicht zu lesen.

Altenburg, im Juni 1877.

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