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Erstes Buch.

VOM VERBUM UND DEN PARTIZIPIALIEN,

oder

genus, tempus, modus im einfachen satze.

Dieses buch widmen wir dem eigentlichen mittelpunkte der syntax: den verbalverhältnissen im prädikate.

Das verbum wird auf mancherlei weise umschrieben; nur so vermag die deutsche sprache das genus, tempus und den modus genügend zu bezeichnen. Es gibt daher keine bessere grundlage für das verständnis dieser drei verbalverhältnisse, als die einläßliche betrachtung jener umschreibungen.

Zu dem zwecke werden wir manches herbeiziehn, was streng genommen der formenlehre angehört; denn gewisse punkte der flexionslehre treten erst im zusammenhange der rede in ein helles licht.

Vom verbum finitum scheiden wir den infinitiv und die partizipien. Alleinstehend können diese kein vollständiges Prädikat bilden, sind also nicht als modi (aussageweisen) zu betrachten. Erst wenn hilfsverben sich damit verbinden, bilden sie ein prädikat. Infinitiv und partizip nehmen sowohl an der natur des verbums als auch des nomens theil, und werden daher ganz passend partizipialien oder verbale mittelformen genannt.

Vorzugsweise berücksichtigen wir in diesem buche das genus verbi (des prädikats), womit sein transitives und

intransitives verhalten zusammenhängt; dann die tempora ihrer bildung nach. Der gebrauch der tempora sowie die modusverhältnisse können erst später in betracht gezogen werden.

I. Das prädikat ist einfaches verbum.

In der griechischen und lateinischen sprache ist nicht bloß das pron. pers. (wenn kein nachdruck darauf liegt) mit dem sein (sum, es, est etc.) verschmolzen, sondern es bietet auch das verbum finitum mehr einfache formen als dieß in den neuern sprachen der fall ist, die mehr auf umschreibungen angewiesen sind. Zu diesen umschreibungen dienen hauptsächlich die hilfsverben: sein, werden, haben, thun. Verschmolzen sind diese satzbänder (copulae) z. b. in possum potis sum, amaveram amaveram; j'aimerai = aimerai, reisete reis-et-e (reisen that). Dagegen als hilfswörter vortretend: er ist gegangen, je suis tombé, i am writing (bin schreibend), ich habe zu ordnen, je vais écrire etc. Vgl. G. Curtius, Bildung der temp. und modi 277 fg.

Ist die kopula von ihrem merkmale oder prädikatwort (gewöhnlich ein partizipiale) getrennt, so ist die bedeutung gewöhnlich eine andere, z. b. er ist wach und er wacht, hat lieb (K. und HM. 40) und liebt sagen nicht ganz dasselbe. So auch: es dauert ist dauerhaft und ist von dauer; ich geware werde gewar (Schl. Sh. 6, 312); eigneten waren eigen (Varnh. 5, 12); mir bangt wird bange, ist bange (Gies. 1, 375); da es taget (K. Simpl. 117)

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tag wird.

mir

Die ältere sprache ist noch reicher an solchen einfachen verben, z. b. si begunde stolzen (stolz werden) Titurel 36, 4; er genante (ward kühn, von genenden) 57, 1; die ringe kuolent Nibel. L. 1787, 1; do begunde der keiser muoden Lachm. zu Nib. s. 225; müeden Nib. L. 1503, 3; Parz. 743, 11; alten (alt werden) Wack. L. 322, 1; 872, 23; clâren (klar

werden) Titurel 125, 1; der heiden her dô grôzte (intrans.) Willehalm 34, 4; grôzen für grozen (trans. groß machen) Wack. L. 1026, 10; gruonen (grün werden) Wack. L. 433, 29; 611, 14; truoben (trüb werden) Nib. L. 573, 2; so langent (werden lang) die tage Wack. L. 774. 19; swaren (schwer sein oder werden) Grimm. ungedr. erz. v. Strick. 189, 10; rôten Karl 116, a.

Außer solchen intrans. verben gibt es auch viele zum theil aus adjektiven gebildete, meist faktitive verben: senften Nib. 1195, 4. Wilh. 166, 1. Wack. Les. Wörtb. (leicht, angenehm machen); ringen den last (erleichtern) Tit. 99, 1; richen (reich machen) Wilh. 6, 13; küenen Parz. 96, 16; lengen Tit. 52, 4; krenken Tit. 85, 3; wüesten Wilh. 182, 25; kürzen Wilh. 296, 24. Dahin gehören die nhd. mit umlaut: wärmen, schwärzen, kränken, fällen, henken, tränken, zähmen, wecken, senken, flößen etc.; ferner kräftigen, befestigen, reinigen etc.

Es zeigt sich dass die sprache fortwährend neue bildungen der art hervorbringt; andere aber auch fallen läßt z. b. wie got die hohvertigen niderte. Kob. Bib. Isaie inh. des 2 kap. Er gesundet sie alle. Luk. 6, 19 (Luth. hat: heilete). Gesunden im sinne von gesund werden ist noch im gebrauche. Manche der oben genannten mhd. finden wir nur noch in der volkssprache.

Die lehre von der wortbildung hat näher darauf einzugehen; hier sollte nur angedeutet werden, dass in einfachen verben nicht bloß das liegt was ist und wird, sondern auch was hat, macht oder thut.

II. Sein mit dem adjektiv.

Zu sein (scheinen, bleiben, werden) tritt ein adjektiv (oder eine umschreibung) als prädikatwort.

Vorerst ist zu bemerken, dass sein (das s. g. verbum substantivum oder die verbalabstraction) auch als vollwort

auftritt und was sie ist, das wage sie zu scheinen. Sch. M. St. 55. Nimmt es den platz lebendiger verba ein, so muß es durch andere wörter belebt werden, am meisten durch nomina.

a. Beispiele von prädik. adjektiven.

Das wass nimande wisslich (niemand wuste es). altd. Bl. 1, 150. Das mör ist nit inwonlich. Ksbg. Schiff 4. Also ist niemant benügig mit seinem titel, sunder ein jeder begert eines höhern titels. das. (nhd. begnügt sich.) Und ist mir weger ich sterb dann daz ich leb. Eybe 7; auch J. Taul. in Wack. L. 866, 19 (wæge = gut, vortheilhaft). Sine gesellen weren im alle gehass (hassten ihn). altd. Bl. 1, 151. Sie wird dir gehass und gram. Eybe 3. Es ist inen die sach ernst und angelegen. Agr. 380. Durch die federn werden sie hoch erhaben Agr. 327 (partz. prät. im übergange zum adj.). Ich was jung und bin eraltet. Psalt. 1498 (Ps. 36); Luth. hat (Ps. 37,25): ich bin jung gewesen und alt worden. Er war dessen aber nicht geständig. K. Simpl. 296. Wem ich zugehörig wäre. das. 276. Das ward mir heiter Pest. G. 35. (das präd. adj. zu werden macht oft den übergang zum adverb). Wird gewahr (st. gewar) G. 25, 268; G. Forst. 1, 326. Das volk wird höchst schwierig werden G. Egm. 222 (schwierig ist schwer und macht schwer; schwierigkeiten). Nun bleibt mir nichts übrig. G. 25, 23. Es war undenkbar. Varnh. 5, 33. Tacitus ist zweifelhaft ob etc. Gr. Gesch. 1, 173 (st. dessen auch: zweifelt, ist im zweifel; gewöhnlich wird das adj. neutral gebraucht). Es ist zu nichts hinfort nütze. Matth. 5, 13. Sonstige nhd. beispiele bieten sich in menge. Fast appositionell steht es: der wohlfeilste gasthof, der beste. Less. 1, 563. Vorgesetzt und dekliniert (wie z. b. Nib. L. 198, 4: des tages wart manic bluotigiu hant; Holtzm. 200: vil manic bluotiger rant) wird das prädik. adj. im nhd. nicht mehr; dadurch unterscheidet es sich von dem attributiven (vgl. Gr. 4, 498. 493. 478).

b. Prädikative partikeln.

Einiger prädikatwörter müssen wir noch erwähnen, von denen Grimm im d. Wörtb. 211 eines behandelt hat, nämlich all im sinne von: beendet, erschöpft. Ausdrücke wie: sein geld ist alle sind fast nur in niederdeutschland zu hören (—is olle), und finden sich nur bei einzelnen schrifstellern: schießt nur hin, dass es alle wird. G. Egm. 169. Luthers werke bieten verschiedene ausdrücke: werden si alle werden, wie der rauch alle wirt. L. Ps. 22 (später: vergehen wie der rauch vergeht). Außerdem: sihe da war er dahin. L. Ps. s. 41 (Ps. 37, 36). Mit den aposteln ist ir gedechtnuß und namen gar auß L. Ps. s. 116. Daselbst heißt es: und ist also bei eines menschen gedechtnuß alle ir name und eere auß. S. 117: aber da wirt nicht auß; dieser vers sagt, es sei auß mit in gewest seit der apostel zeit. Aus sein kommt häufig vor: Jes. 19, 3; Klagl. 3, 22 (die güte des herrn ist, dass wir nicht gar aus sind); Röm. 9, 6. In Sch. Wall. 6: saturnus reich ist aus. Ferner gebraucht Luther auf sein für verzehrt sein: ehe es (das fleisch) auf war. 4 Mos. 11, 33; bis daß alles brod in der stadt auf war. Jer. 37, 21 (Gr. d. Wörtb. 735). Abe sein: da sind wir alle aller dinge frei, denn vorhin waren wir in sunden gefangen, nu aber sind alle sund abe. L. Kor. 61 (d. h. wir sind ihrer nun los).

Dem niederd. all, alle entsprechend ist in oberdeutschland das gar im gebrauche: es ist schon gar (d. h. vorbei); niederd. würde man sagen: 't is olle, 't is oll reide (fertig). Die verstärkung „gar aus" ward zu der redensart: den garaus machen.

An diese prädikativen partikeln schließen sich die adverbien alles ist vorbei. Ein monat ist vorüber Sch. M. St. 17. Sie denken an die zeit, wo ich dahin sein werde. das. 66. Das vertrauen ist dahin. Wall. 75. Wir sind es mit augen und oren innen worden. L. epist. 17. Es war ein kleines feuerwerk vorhanden. G. Wahl. 151. Manche dieser prädikativen partikeln und adverben scheinen auf ein aus

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