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Missstand sein würde. Denn viel Bekanntes ist hier nicht blos angedeutet, sondern oft umständlich erläutert worden, dagegen eine Ausgabe, wie wir sie jetzt, nachdem ein Jahrhundert hindurch im Ganzen nichts Erhebliches für die Werke des Dichters geleistet ist, zu erwarten berechtigt sind, nur da Erläuterungen wird geben dürfen, wo der Sinn bisher streitig oder noch ganz dunkel war, und wo selbst der gelehrtere Leser Anstoss finden könnte; viel ist ferner gelegentlich über die Sprache angemerkt, nicht blos, wo die Bemerkung zur Sicherung einer Lesart oder zur Begründung einer Erklärung nöthig schien. Dennoch sehe ich voraus, Viele werden hier zu viel, Andere zu wenig Erläuterungen finden, und ich gestehe gern, dass zu einer noch schärferen Sichtung und Auswahl und einer überall befriedigenden Erläuterung mehr Urtheil und mehr Gelehrsamkeit erfordert wurde, als ich zu dieser Arbeit mitbrachte. Wird der Geist, in welchem dieser Commentar gearbeitet ist, als ächt philologisch erkannt, und hat sich die Idee, die mir vorschwebte, im Ganzen klar ausgedrückt, so kann ich mich über das Zuviel oder Zuwenig leicht damit trösten, dass schwerlich je ein erklärender Commentar über irgend einen Schriftsteller erscheinen wird, der die Forderungen jedes einzelnen Lesers selbst aus dem Kreise, den der Verfasser zunächst vor Augen hatte, auf eine gleichmässige Art befriedigte. Andere Mängel und Fehler mögen einsichtsvolle und wahrheitliebende Beurtheiler mit der Strenge und Schärfe rügen, wodurch auf einmal das Verkehrte und Falsche vernichtet wird. Ungeachtet nun diese Arbeit nicht für Gelehrte bestimmt ist und keinesweges die Commentare eines Lambin, Torrenz und Bentley überflüssig machen soll, so konnte es doch nicht fehlen, dass ich bei den Vorgängern oft vergeblich nach einer Erklärung suchte, oft nicht befriedigt

wurde, an einigen Stellen auch zum Emendiren, so misslich dies besonders in den Werken des Horaz ist, meine Zuflucht nehmen musste. Ist es mir gelungen, hier und da tiefer, als bisher geschehen ist, in den Sinn zu dringen, den Text an mancher bestrittenen Stelle durch entscheidende Gründe für immer fest zu stellen, und überhaupt für das kritische und exegetische Studium des Dichters einen nützlichen Beitrag zu liefern, so werde ich mich um so mehr für die Anstrengung belohnt fühlen, mit welcher ich mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden bemüht gewesen bin. Ein leichteres und weit erfreulicheres Unternehmen wäre mir vermöge der bisherigen Richtung meiner Studien der Versuch einer neuen meistentheils kritischen Ausgabe gewesen. Indem ich hier eine Art von Schulbuch zu liefern unternahm, wagte ich mich auf ein mir fremdes Feld, welches mit beständiger Besonnenheit und Umsicht und mit strenger Sonderung des Nöthigen und Zweckmässigen von dem Entbehrlichen und Fremdartigen zu bearbeiten, eine schwerere Aufgabe ist, als da, wo der Vorgänger so viele sind, Gelehrten, denen oft am halben Worte genügt, über schon viel besprochene und von mehreren Seiten beleuchtete Punkte sein eigenes Urtheil mitzutheilen. Eine andere Schwierigkeit fand ich im deutschen Vortrag dieser Anmerkungen. In den fast zahllosen Commentaren der Kritiker und Erklärer zu den alten Autoren hat sich für die Bearbeitung dieser ein Latein gebildet, welches man bei aller Eigenthümlichkeit der einzelnen Commentatoren doch überall wieder findet, und nirgends wäre ja auch das Streben, Individualität auszudrücken, unzeitiger als im Notenlatein, wo überhaupt kaum von einem Stil die Rede sein kann. In diesem Latein, wovon ein grosser Theil technische Sprache geworden ist, kann es dem Kritiker oder Erklärer bei einiger Geläufigkeit fast nie an Ausdrücken und

Wendungen fehlen, und, was allein von dem Vortrag in dergleichen Noten verlangt werden kann, dass er deutlich, bestimmt und kurz sei, dies erreicht man ja über Gegenstände des Alterthums schreibend in der lateinischen Sprache bei einiger Gewandtheit weit leichter, als in irgend einer neueren. Ich wenigstens würde im lateinischen Ausdruck dieser Anmerkungen mich selbst eher befriedigt haben, als in dem mir hier weniger geläufigen deutschen. Dass ich aber diese Anmerkungen deutsch geschrieben habe, dazu hat mich nicht der Vorgang eines der ersten und besten Männer Deutschlands, unseres Voss, bestimmt, von dessen deutschen Commentaren der meinige in Zweck und Form so verschieden ist, dass nicht die mindeste Vergleichung Statt finden kann, sondern theils eigene Erfahrung, wie weit anziehender, lebendiger und eindringender für Jünglinge nun einmal der Vortrag in der Muttersprache, selbst in akademischen Vorlesungen, ist, als in der lateinischen, theils der Wunsch, dass dies Buch auch von Seiten der Form nicht in die Reihe der gewöhnlichen commentarii perpetui treten, sondern seinen eigenen Weg gehen und besonders bei denen Zugang finden möchte, die, auf Schulen mehr an ein sogenanntes Exponiren, d. h. ein gedankenloses und geisttödtendes Dollmetschen, als an gründliche Interpretation der Alten gewöhnt, einer Vorbereitung und Anreizung bedürfen zum Studium der gelehrten lateinischen Commentare älterer und neuerer Zeit. Uebrigens befürchte ich nicht, von Verständigen die Besorgniss zu hören, dass durch dergleichen in der Muttersprache geschriebene Anmerkungen der Eifer der Jugend für die Latinität, der in unsern Tagen nicht mehr so lebhaft ist und sein kann, als zur Zeit unserer Väter, noch mehr erkalten werde. Was kann den Eifer für ein tieferes Studium der Latinität, wovon doch jene gemeine Fertigkeit im Schreiben

und Sprechen des Lateins, wie sie ehedem wohl jeder Gelehrte besass, ganz verschieden ist, mehr erregen und beleben, als eine genaue und eindringende Erklärung der römischen Autoren, sie werde deutsch oder lateinisch vorgetragen? Was ist dagegen mehr geeignet, allen Sinn für reine und ächte Latinität abzustumpfen, als ein Latein, wie wir es seit der Herausgabe des Heyneschen Virgil in den sogenannten fortlaufenden Commentaren zu finden gewohnt sind? Der Latinität wegen werden auch schwerlich jüngere Freunde der Alterthumsstudien Commentare studiren, sie müssten denn damit umgehen, selbst Commentare zu schreiben, in welchem Falle für sie bereits der älteren und neueren Muster aller Art mehr als genug vorhanden ist. Was mein Latein betrifft, so habe ich nie die Meinung gehegt, dass ich damit sonderlich auf die Bildung angehender Philologen wirken könne. Endlich fanden auch hier die Gründe nicht Statt, die sonst bei philologischen Werken für die Wahl des lateinischen Vortrages sprechen: Bücher, deren Hauptzweck Belehrung und Bildung der jüngeren Welt ist, können ihrem Wesen nach weder auf lange Dauer noch auf Wirksamkeit im Auslande Anspruch machen. Möge sich dieser Commentar deutschen Jünglingen auch durch seine anspruchlose Form empfehlen und so lange Nutzen gewähren, bis diese Arbeit von einer gediegenern und durch ihre Form noch mehr ansprechenden verdrängt wird.

Wenn sich das Neue und Eigene, was hier etwa von meiner Seite zur Erklärung dieser Satiren hinzugekommen ist, unter der Menge bekannter und schon oft gesagter Dinge verliert, so mache ich auch gelehrte Philologen, welche dieses Buch einer Ansicht würdigen, um so mehr auf die Beiträge aufmerksam, die mir mein Freund und Amtsgenosse Unterholzner über manche bisher dunkle oder

falsch gedeutete Punkte aus dem Gerichtswesen der Römer mitgetheilt hat. Dass ich diese meistens vollständig mit seinen eigenen Worten eingeschaltet habe, dafür werden mir auch die gelehrten Juristen Dank wissen, nicht blos die Philologen, deren schwache Seite die Kenntniss des Gerichtlichen im Alterthum von jeher gewesen ist. Oefter hat dieser Forscher, von dem ein neues Licht über diesen Theil der Alterthumskunde zu erwarten ist, auch da vor alten Irrthümern bewahrt, wo er nicht genannt sein wollte. Dankbar muss ich ferner die liebevolle Theilnahme rühmen, mit der mein Freund Manso die Mühe nicht gescheut hat, die Handschrift mit prüfendem Auge zu durchmustern, den Ausdruck hier und da abzuglätten, und die falsche Deutung mehrerer Stellen zu verhüten. Dass ich aber durch diese Arbeit die wohl nicht zum Heil der Wissenschaft in unserm Vaterlande immer wachsende Zahl der philologischen Bücher vermehrt habe, mögen meine Freunde von Savigny und Buttmann verantworten, deren Ermunterung ich Gehör gab, weil ich in ihnen eben so einsichtsvolle als wahrheitliebende Freunde verehre.

1815.

Geschrieben auf der Universität zu Breslau den 4. Mai

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