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konnte es doch nicht fehlen, dass ich bei den Vorgängern oft vergeblich nach einer Erklärung suchte, oft nicht befriedigt wurde, an einigen Stellen auch zum Emendiren, so misslich dies besonders in den Werken des Horaz ist, meine Zuflucht nehmen musste. Ist es mir gelungen, hie und da tiefer, als bisher geschehen ist, in den Sinn zu dringen, den Text, an mancher bestrittenen Stelle durch entscheidende Gründe für immer fest zu stellen, und überhaupt für das kritische und exegetische Studium des Dichters einen nützlichen Beitrag zu liefern, so werde ich mich um so mehr für die Anstrengung belohnt fühlen, mit welcher ich mancherlei Schwierigkeiten zu überwinden bemüht gewesen bin. Ein leichteres und weit erfreulicheres Unternehmen wäre mir vermöge der bisherigen Richtung meiner Studien der Versuch einer neuen meistentheils kritischen Ausgabe gewesen. Indem ich hier eine Art von Schulbuch zu liefern unternahm, wagte ich mich auf ein mir fremdes Feld, welches mit beständiger Besonnenheit und Umsicht und mit strenger Sonderung des Nöthigen und Zweckmässigen von

dem Entbehrlichen und Fremdartigen zu bearbeiten, eine schwerere Aufgabe ist, als da, wo der Vorgänger so viele sind, Gelehrten, denen oft am halben Worte genügt, über schon viel besprochne und von mehrern Seiten beleuchtete Punkte sein eignes Urtheil mitzutheilen. Eine andre Schwierigkeit fand ich im deutschen Vortrag dieser Anmerkungen. In den fast zahllosen Commentaren der Kritiker und Erklärer zu den alten Autoren hat sich für die Bearbeitung dieser ein Latein gebildet, welches man bei aller Eigenthümlichkeit der einzelnen Commentatoren doch überall wieder findet, und nirgends wäre ja auch das Streben, Individualität auszudrücken, unzeitiger als im Notenlatein, wo überhaupt kaum von einem Styl die Rede seyn kann. In diesem Latein, wovon ein grosser Theil technische Sprache geworden ist, kann es dem Kritiker oder Erklärer bei einiger Geläufigkeit fast nie an Ausdrücken und Wendungen fehlen, und, was allein von dem Vortrag in dergleichen Noten verlangt werden kann, dass er deutlich, bestimmt und kurz sey, dies erreicht man ja über Gegenstände des Al

terthums schreibend in der lateinischen Spra che bei einiger Gewandtheit weit leichter, als in irgend einer neuern. Ich wenigstens würde. im lateinischen Ausdruck dieser Anmerkungen. mich selbst eher befriedigt haben, als in dem mir hier weniger geläufigen deutschen. Dass ich aber diese Anmerkungen deutsch geschrie ben habe, dazu hat mich nicht der Vorgang. eines der ersten und besten Männer Deutschlands, unsers Voss, bestimmt, von dessen deutschen Commentaren der meinige in Zweck und Form so verschieden ist, dass nicht die mindeste Vergleichung Statt finden kann, sondern theils eigne Erfahrung, wie weit anziehender, lebendiger und eindringender für Jünglinge nun einmal der Vortrag in der Muttersprache, selbst in akademischen Vorlesungen, ist, als in der lateinischen; theils der Wunsch, dass dies Buch auch von Seiten der Form nicht in die Reihe der gewöhnlichen commentarii perpetui treten, sondern seinen eignen Weg gehen und besonders bei denen Zugang finden möchte, die auf Schulen mehr an ein sogenanntes Exponiren, d. h. ein gedankenloses h,

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und geisttödtendes Dollmetschen, als an gründliche Interpretation der Alten gewöhnt, einer Vorbereitung und Anreizung bedürfen zum Stu dium der gelehrten lateinischen Commentarẻ älterer und neuerer Zeit. Uebrigens befürchte ich nicht, von Verständigen die Besorgniss zù hören, dass durch dergleichen in der Muttersprache geschriebene Anmerkungen der Eifer der Jugend für die Latinität, der in unsern Tagen nicht mehr so lebhaft ist und seyn kann, als zur Zeit unserer Väter, noch mehr erkalten werde. Was kann den Eifer für ein tieferes Studium der Latinität, wovon doch jene gemeine Fertigkeit im Schreiben und Sprechen des Lateins, wie sie ehedem wohl jeder Gelehrte besas, ganz verschieden ist, mehr erregen und beleben, als eine genaue und eindringende Erklärung der römischen Autoren, sie werde deutsch oder lateinisch vorgetragen? Was ist dagegen mehr geeignet, allen Sinn für reine und ächte Latinität abzustumpfen, als ein Latein, wie wir es seit der Herausgabe des Heyne'schen Virgil in den sogenannten fortlaufenden Commentaren zu finden gewohnt sind?

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Der Latinität wegen werden auch schwerlich jüngere Freunde der Alterthumsstudien Commentare studiren, sie müssten denn damit umgehen, selbst Commentare zu schreiben, in welchem Falle für sie bereits der ältern und neuern Muster aller Art mehr als genug vorhanden ist. Was mein Latein betrifft, so habe ich nie die Meinung gehegt, dass ich damit. sonderlich auf die Bildung angehender Philologen wirken könne. Endlich fanden auch hier die Gründe nicht Statt, die sonst bei philolo gischen Werken für die Wahl des lateinischen Vortrags sprechen: Bücher, deren Hauptzweck Belehrung und Bildung der jüngern Welt ist, können ihrem Wesen nach weder auf lange Dauer noch auf Wirksamkeit im Auslande Anspruch machen. Möge sich dieser Commentar deutschen Jünglingen auch durch seine anspruchlose Form empfehlen und so lange Nutzen gewähren, bis diese Arbeit von einer gediegenern und durch ihre Form noch mehr ansprechenden verdrängt wird.

Wenn sich das Neue und Eigene, was hier etwa von meiner Seite zur Erklärung dieser

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