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v. haller. Hier fliegt ein leichtes Reh, es schwankt und sinket

dort.

Der Hunde lauter Kampf, des Erzes tödlich Knallen Tönt durch das krumme Thal, und macht den Walders schallen.

Indessen, daß der Forst sie nicht entblößt berücke,
So macht des Volkes Fleiß aus Milch der Alpen
Mehl.

Hier wird auf strenger Glut geschiedner Zieger dicke,
Und dort gerinnt die Milch, und wird ein stehend
Del:

Hier preßt ein stark Gewicht den schweren Saß der
Molke,

Dort trennt ein gåhrend Sau'r das Wasser und das

Fett:

Hier kocht der zweyte Raub der Milch dem armen Vols

te,

*)

Dort bildt den neuen Kås' ein rund geschnitten Brett. Das ganze Haus greift an, und schämt sich leer zu stes hen,

Kein Sclavenhandwerk ist so schwer, als Müssiggehen.

Wenn aber sich die Welt in starren Frost begras
ben,

Der Berge Thåler Eis, die Spißen Schnee bedeckt,
Wenn das erschöpfte Feld nun rüht für neue Gaben,
Und ein kristallner Damm der Flüsse Lauf versteckt;
Dann zieht sich auch der Hirt in die beschneiten Hüts
ten,

Wo fetter Fichten Dampf die dürren Balken schwärzt;
Hier zahlt die süße Ruh die Müh, die er erlitten,
Der sorgenlose Tag wird freudig durchgescherzt,
Und wenn die Nachbarn sich zu seinem Heerde seßen,
So weiß ihr klug Gespräch auch Weise zu ergößen.

Der

*) Recocta, oder Zieger. Man kann hierbei des Herrn Scheuchzers Beschreibung der Milcharbeiten in der ers ften Alpenreise nach des geschickten Herrn Sulzers Ues berfegung nachsehen.

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Der eine lehrt die Kunst, was uns die Wolk, v. Haller.

ken tragen, *)

Im Spiegel der Natur vernünftig vorzusehn,

Er kann der Winde Strich, den Lauf der Wetter sas

gen,

Und sieht in heller Luft den turm von weitem wehn:
Er kennt die Kraft des Monds, die Wirkung seiner
Farben.

Er weiß, was am Gebirg ein früher Nebel will:
Er zählt im Märze schon der fernen Erndte Garben,
und hält, wenn alles måhr, bey nahem Regen still;
Er ist des Dorfes Rath, sein Ausspruch macht sie sis
cher,

Und die Erfahrenheit dient ihm für tausend Bücher.

Ein junger Schäfer stimmt indessen seine Leier,
Dazu er ganz entzückt ein neues Liedchen singt,
Natur und Liebe gießt in ihn ein heimlich Feuer,
Das in den Adern glimmt und nie die Müh erzwingt;
Die Kunst hat keinen Theil an seinen Hirtenliedern,
Im ungeschmückten Lied mahlt er den freien Sinn;
Auch wann er dichten soll, bleibt er bey seinen Widdern,
Und seine Muse spricht wie seine Schäferin:
Sein Lehrer ist sein Herz, sein Phobus seine Schöne,
Die Rührung macht den Vers, und nicht gezählte
Töne.

Bald aber spricht ein Greis, von dessen grauen

Haaren

Sein angenehm Gespräch ein neu Gewichte nimmt;
Die Vorwelt sah ihn schon, die Last von hundert Jah

ren

Hat seinen Geist gestärkt, und nur den Leib ge: krümmt:

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*) Alle diese Beschreibungen von klugen Bauern find nach der Natur gemacht, obwohl ein Fremder dieselben der Einbildung zuzuschreiben versucht werden möchte. Beisp. Samml. 3. B.

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v. Haller. Er ist ein Beyspiel noch von unsern Heldenahnen,
In deren Arm der Bliß, und Gott im Herzen war:
Er mahlt die Schlachten ab, zählt die ersiegten Fah.
nen,

Umschanzt der Feinde Wall, und nennet jede Schaar.
Die Jugend hört erstaunt, und zeigt in den Gebärden
Die edle Ungeduld, noch löblicher zu werden.

Ein andrer, dessen Haupt mit gleichem Schnee
bedecket,

Ein lebendes Gesetz, des Volkes Richtschnur ist;
Lehrt wie die feige Welt ins Joch den Nacken strecket,
Wie eitler Fürsten Pracht den Mark der Lånder frißt:
Wie Tell mit kühnem Muth das harte Joch zertreten,
Das Joch, das heute noch Europens Hälfte trågt:
Wie um uns alles darbt und hungert in den Këtë
ten, *)

Und Welschlands Paradies nur nackte Bettler hegt:
Wie Eintracht, Treu und Muth, mit unzertrennten
Kräften,

An eine kleine Macht des Glückes Flügel heften.

Bald aber schließt ein Kreis um einen muntern
Alten,

Der die Natur erforscht, und ihre Schönheit kennt;
Der Kräuter Wunderkraft und åndernde Gestalten
Hat långst sein Wiß durchsucht, und jedes Moos bes

nennt:

Er wirft den scharfen Blick in unterirdsche Grüfte,
Die Erde deckt vor ihm umsonst ihr falbes: Gold,
Er dringer durch die Luft, und sieht die Schwefeldüfte,
In deren feuchtem Schooß gefangner Donner rollt:
Er kennt sein Vaterland, und weiß bey dessen Schäßen
Sein immer forschend Aug am Nußen zu ergößen.

*) Diese Betrachtung hat schon Burnet gemacht.

von Kleist.

S. von ihm B. I. S. 99. 433.

Sein Frühling, der

fchon vor vierzig Jahren zuerst erschien, behauptet noch im mer unter den beschreibenden Gedichten der Deutschen den erften Nang. Die darin porkommenden Gemåhlde find der Natur aufs treueste nachkopirt, die der Dichter nicht nach gemeiner Art beobachtete, sondern in ihren kleinsten und verstecktesten Aeußerungen ausspåhte. In ihrer Darstellung gelang ihm das reizendfte, anmuthigste Kolorit; und er wuss te den sanftesten Gang der Empfindung, den ihr überall nachgehenden Fortschritt der Betrachtung, und die immer rege Thätigkeit der Phantasie, mit der angenehmsten Mannichfaltigkeit und der edelsten Harmonie des Ausdrucks zu verbinden. Man hat von diesem meisterhaften Gedichte eine italianische Uebersehung in Versen von Tagliazucchi; eine zwiefache französische in Prose, von Huber und Beguelin, und eine sehr glückliche lateinische, in Versen, von dem jüngern Hrn. Spalding.

Aus dem Gedichte: Der Frühling.

Komm, Muse! laß uns im Thale die Wohnung und häusliche Wirthschaft

Des Landmanns betrachten.

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Hier steigt kein paris

scher Marmor in Såulen

Empor, und bückt sich in Kämpfern. Hier folgt kein

fernes Gewässer

Dem mächtigen Rufe der Kunst. Ein Baum, woruns ter sein Ahnherr

Drei Alter durchlebte, beschatter ein Haus, von Raben

umkrochen,

Durch Dornen und Hecken beschüßt. Im Hofe dehnt fich ein Teich aus,

Worin, mit Wolken umwälzt, ein zweiter Himmel mich aufnimmt,

v Rieist.

v. Kleist.

Wann jener sich über mir ausspannt; ein unermeßlis cher Abgrund!

Die Henne jammert am Ufer mit strupfigen Federn,
und locket

Die jüngst gebrüteten Entchen; sie fliehn der Pflegerin
Stimme,

Durchplätschern die Fluth, und schnattern im Schilf.
Langhålsige Gånse

Verjagen von ihrer Zucht mit hochgeschwungenen Flü

geln

Den zottigen Hund: nun beginnen ihr Spiel die gelbs haarigen Kinder,

Verstecken im Wasser den Kopf, und hangen mit rus dernden Füßen

Im Gleichgewichte. Dort läuft ein kleines ges schäftiges Mädchen,

Sein buntes Körbchen am Arm, verfolgt von weits
schreitenden Hünern.

Nun steht es, und täuscht sie leichtfertig mit eitelem
Wurfe, begießt sie ·

Nun plößlich mit Körnern, und sieht sie vom Rücken
sich essen und zanken.

Dort lauscht in dunkeler Höhle das weiße Kaninchen,

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Ich folge, wohin ihr mich führt, ihr zärtlichen Taus ben, ich folge.

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